Internet am Scheideweg: Wann kommt die Politik in der Wirklichkeit an?
Zweiter Konferenztag der Fachtagung Domain pulse in Hamburg
Warum erhitzt das geplante internationale Urheberrechts-Abkommen ACTA die Gemüter der Internet-Community? Wie realistisch ist die Gefahr, dass immer schärfere Eingriffe in die Netzkommunikation verankert werden? Droht uns eine Überregulierung und welche Formen von Zugangssperren sind technisch heute schon möglich? Was bedeutet die Vorratsdatenspeicherung für den Alltag? Was alles wird erfasst, was lässt sich aus diesen Daten lesen? Und was wären die Konsequenzen für unsere Gesellschaft?
Thesen, Prognosen und Antworten auf diese und andere brandaktuelle Fragen lieferte der zweite Tag des Fachkongresses Domain pulse, der 2012 in Hamburg stattfand. Mehr als 350 Fachbesucher folgten den Vorträgen und Podiumsdiskussionen internationaler Experten, die die alljährlich bedeutendste Veranstaltung für Themen, Tendenzen und Trends rund um Internetdomains im deutschsprachigen Raum zu einem etablierten Branchentreffen gemacht haben. Gemeinsam mit den Registrierungsstellen der Länderdomains von Österreich (nic.at) sowie der Schweiz und Liechtenstein (SWITCH) führte die DENIC eG, Betreiberin der deutschen Länderkennung .de, als diesjährige Ausrichterin die zweitägige Expertentagung Domain pulse 2012 zum neunten Mal durch.
Heiße Eisen: Netzregulierung, Zugangssperren und Urheberrecht im Web
Der zweite Kongresstag – der 14. Februar 2012 – stand ganz im Zeichen von Internet Governance und Netzpolitik: Im Rahmen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion mit Vertretern des Direktoriums der obersten Internetverwaltungsorganisation ICANN, Sachverständigen der Enquêtekommission Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages und Netzaktivisten aus dem politischen Umfeld wurden Handlungsoptionen und Positionen verschiedener Interessengruppen kontrovers diskutiert und geplante Maßnahmen hinterfragt. Es herrschte Einigkeit darüber, dass Entscheidungen im politischen Willensbildungsprozess, die die gesamte Weltöffentlichkeit bis in den Alltag betreffen, unter Ausschluss der Zivilgesellschaft herbeizuführen, wie es momentan bei ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) geschieht, fragwürdig und nicht mehr zeitgemäß sind. Statt traditionelle Urheberrechtsvorstellungen zu zementieren, die nicht mehr der heutigen Lebenswirklichkeit entsprechen, müsste der Rechtsrahmen im digitalen Zeitalter neu und angemessen weiterentwickelt werden.
Verräterische Datenspuren
Welche Blüten etwa die Vorratsdatenspeicherung als nur ein Aspekt von Netzpolitik treiben kann und damit die Vision von George Orwells Big Brother in die Gegenwart transportiert, führten Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstands von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, und der Visualisierungsexperte Michael Kreil ganz konkret vor Augen: Eine ganz neue Dimension der Auswertung gesammelter Daten ergibt sich, wenn diese in einer visuellen Darstellung miteinander verknüpft individuelle Bewegungsprofile erkennbar und damit den gläsernen Menschen Realität werden lassen.
Branchengeflüster
Neben diesen gesellschaftspolitischen Aspekten des Internets widmeten sich weitere Programmpunkte des Tages stärker branchenspezifischen Themen wie u. a. Prognosen und Trends für den Domainmarkt in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden, die im Registrar-Atlas 2012, einer Studie von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V., zusammengetragen wurden, sowie den Vorzügen agiler Methoden wie Kanban und Scrum in Software-Entwicklung und IT-Betrieb.
Provider im Kreuzfeuer: Von Pflichten und Haftungsansprüchen
Mit einer juristischen Betrachtung setzte Joerg Heidrich, Fachanwalt für IT-Recht und Justiziar des Heise Zeitschriften Verlags, den Schlusspunkt unter eine facettenreiche Tagung: In seinem Vortrag über rechtliche Risiken im Domainumfeld stellte er insbesondere anhand aktueller Urteile zu Fragen der Haftung von Registries und Providern praxisnah die derzeitige Rechtslage in Deutschland dar und ließ dabei den einen oder anderen Blick über den Tellerrand in weitere Länder nicht aus.
Themen des ersten Tages
Im Fokus des ersten Kongresstages (13. Februar 2012) standen die Veränderung des Menschenbildes und der Arbeitswelt durch das „Internet als Gesellschaftsbetriebssystem“, technische Lösungsansätze und mögliche Entwicklungsszenarien des World Wide Web in den kommenden Jahren, denkbare Maßnahmen gegen die zunehmende Monopolisierung des online gespeicherten Wissens, Perspektiven und aktuelle Hintergründe zu den neuen Adressendungen im Internet (Top Level Domains), Nutzungsmuster von Internetdomains sowie Wege aus der Onlinefalle bei Internetsucht. Die Pressemeldung mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Programmpunkte ist zugänglich unter http://www.denic.de/de/denic-im-dialog/pressemitteilungen.html
Domain pulse im Internet
Das Gesamtprogramm der Expertentagung mit sämtlichen Akteuren findet sich auf der Veranstaltungs-Website www.domainpulse.de. Etwa eine Woche nach Veranstaltungsende werden Interessierten dort Livemitschnitte des Kongresses als Retrospektive zur Verfügung stehen.
Der nächste Domain pulse wird am 18. und 19. Februar 2013 in Davos in der Schweiz stattfinden.
Die DENIC eG
Die DENIC eG verwaltet als zentrale Registrierungsstelle die inzwischen mehr als 14,8 Millionen Domains unterhalb der Top Level Domain .de und stellt damit eine wesentliche Ressource für die Nutzer des Internets bereit. Mit der Mission, als neutraler und kompetenter Dienstleister für alle Domaininhaber und Internetnutzer zu agieren, legen mehr als 120 Mitarbeiter/innen den Grundstein dafür, dass deutsche Internetseiten und E-Mail-Adressen weltweit erreichbar sind. Die über 280 Mitglieder der Genossenschaft sind deutsche wie internationale Unternehmen aus dem IT-und TK-Bereich. Gemeinsam mit ihnen und anderen Kooperationspartnern setzt sich die DENIC für den sicheren Betrieb und die weltweite Weiterentwicklung des Internets ein. Sie arbeitet dabei ohne Gewinnerzielungsabsicht. Zu ihren Aufgaben gehört der Betrieb des automatischen elektronischen Registrierungssystems für die
Mitgliedsunternehmen der Genossenschaft, der Betrieb der Domain-Datenbank für die Top Level Domain .de und die deutsche ENUM-Domain (.9.4.e164.arpa), der Betrieb des Nameserverdienstes für die .de-Zone und die deutsche ENUM-Domain an derzeit 16 Standorten auf der ganzen Welt sowie die Mitgestaltung der organisatorischen und technischen Weiterentwicklung des Internets in Zusammenarbeit mit internationalen Gremien (z. B. ICANN, CENTR, IETF).
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